Verjährung von Rückforderungsansprüchen bei Überzahlung von Beamtenbezügen

Sämtliche Besoldungs- und Versorgungsgesetze des Bundes und der Länder enthalten eine praktisch gleichlautende Regelung, dass sich die Rückforderung zuviel gezahlter Versorgungsbezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung regelt, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Danach gilt: „Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet“ (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB). „Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist“ (§ 818 Abs. 3 BGB). Die Herausgabepflicht ist somit ausgeschlossen, wenn der Empfänger entreichert ist. Typischer Fall der Entreicherung ist der Verbrauch des Erlangten. Diese Grundsätze gelten auch für die Rückforderung überzahlter Besoldung oder Versorgungsbezüge.

 

Auch der Rückforderungsanspruch des Dienstherrn unterliegt allerdings der Verjährung. Dies ist immer dann zu beachten, wenn die Überzahlung auf Fehlern der Besoldungsstellen oder Versorgungsbehörden beruht und die Behörde den Fehler hätte vermeiden oder die Überzahlung erkennen können. Die Behörde kann sich nicht auf fehlende Kenntnis berufen, wenn diese Unkenntnis ihrerseits auf grober Fahrlässigkeit beruht.

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu in einem Urteil vom 15.11.2016 entschieden, dass grobe Fahrlässigkeit auch dann vorliegt, wenn die Behörde konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass der Beamte aus früheren Beschäftigungen außerhalb des Beamtenverhältnisses Rentenansprüche erworben hat, die den Versorgungsanspruch mindern können. Die Behörde muss dann Nachforschungen zum Bestehen und der Höhe eines Rentenanspruchs anstellen, wenn sich die Notwendigkeit solcher Nachforschungen förmlich aufdrängt.

BVerwG – 15.11.2016 – 2 C 9.15

Unterlässt sie solche Nachforschungen pflichtwidrig, hat dies Auswirkungen auf den Beginn der Verjährungsfrist. Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger (also die Behörde) von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 BGB). Die Behörde muss sich also so behandeln lassen, als hätte sie von Anfang an Kenntnis davon gehabt, dass die Versorgung falsch berechnet und zu hoch ausgezahlt wurde.

Dieser Rechtsprechung hat sich auch das Verwaltungsgericht Hannover in einem Urteil vom 26.08.2021 angeschlossen. Der Kläger war Beamter im Landesdienst. Er trat zum 01.02.2006 in den Altersruhestand. Vor der Berufung in das Beamtenverhältnis hatte er einige Jahre in der Wirtschaft gearbeitet und aus dieser Zeit Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Vor Eintritt in den Ruhestand teilte er der Versorgungsstelle seine früheren Beschäftigungszeiten mit und legte auch eine Auskunft der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte über seine Rentenanwartschaften vor. Anhand dieser Auskünfte hätte der Behörde klar sein müssen, dass die Versorgung unter Berücksichtigung der Rentenansprüche zu kürzen ist. Gleichwohl wurde die Versorgung ungekürzt ausgezahlt. Erst im Zuge einer Prüfung durch den Landesrechnungshof fiel die Überzahlung auf. Von dem Beamten wurden knapp 32.000,00 EUR zurückgefordert.

Im Klageverfahren stellte das Verwaltungsgericht fest, dass die Behörde bei der Nichtberücksichtigung der Rentenanwartschaften grob fahrlässig gehandelt habe. Die Behörde habe frühzeitig Kenntnis von dem Rentenanspruch gehabt. Die Nichtberücksichtigung dieses Anspruchs erfülle den Tatbestand der grob fahrlässigen Unkenntnis im Sinne der Verjährungsvorschriften. Das Gericht errechnete eine Verjährung der Ansprüche für die Zeit bis einschließlich 31.12.2016. Die Rückforderungssumme wurde entsprechend reduziert.

VG Hannover – Urteil vom 26.08.2021 – 2 A 3742/21