Säumniszuschläge trotz Unkenntnis von der Beitragspflicht?

Werden Sozialversicherungsbeiträge nicht pünktlich gezahlt, sind Säumniszuschläge fällig. Die Festsetzung erfolgt kraft gesetzlicher Vorgabe. Ein Ermessen des Versicherungsträgers gibt es nicht. Die Säumniszuschläge betragen für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Prozent des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages (§ 24 Abs. 1 SGB IV). Ein Säumniszuschlag wird jedoch dann nicht erhoben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte (§ 24 Abs. 2 SGB IV).

Wann kann sich ein Auftraggeber auf unverschuldet fehlende Kenntnis berufen?

Insbesondere in den Fällen der Scheinselbstständigkeit werden Auftraggeber oft mit dem Vorwurf konfrontiert, dass sie das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses und damit auch ihre Melde- und Zahlungspflichten hätten erkennen müssen. Dieser Vorwurf lässt sich nicht immer leicht entkräften. Auftraggeber wenden zwar häufig ein, dass Ihnen die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit nicht bekannt war. Dieser schlichte Einwand reicht in vielen Fällen nicht aus. Die Rechtsprechung ist inzwischen streng.

Das Verschulden umfasst neben dem Vorsatz alle Grade der Fahrlässigkeit. Nach einer Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen hat dies zur Konsequenz, dass im Regelfall immer Säumniszuschläge geschuldet werden, sofern der Arbeitgeber die Beiträge nicht rechtzeitig gezahlt hat. Leichteste Fahrlässigkeit ist nur dann auszuschließen, wenn der Arbeitgeber alles getan hätte, um sicherzugehen, dass ihn keine Beitragspflicht trifft. Dies wird – so das LSG NRW aber immer nur dann der Fall sein, wenn er z.B. die rechtlichen Möglichkeiten einer Statusklärung durch die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund oder der Einzugsstelle der Krankenkassen ausgeschöpft hat.

LSG Nordrhein-Westfalen – 16.09.2013 - L 8 R 361/13 B ER

Das Gericht geht somit davon aus, dass ein Auftraggeber verpflichtet sein kann, eine Statusklärung durchzuführen. Diese Auffassung ist aber umstritten. Das Bayerische Landessozialgericht hat in einem Urteil vom 05.12.2006 (L 5 KR 63/06) festgestellt, dass selbst grobe Fahrlässigkeit nicht schon dann bejaht werden kann, wenn ein Arbeitgeber den Begriff der Selbstständigkeit in Abweichung von der herrschenden juristischen Meinung unzutreffend auslegt. Einem Arbeitgeber  kann auch nicht vorgeworfen werden, dass er vor Beginn der entsprechenden Tätigkeit kein Statusklärungsverfahren gem. § 7a SGB IV bei der Deutschen Rentenversicherung Bund einleitet, denn die Statusklärung ist keine Pflicht des Arbeitgebers. Angesichts der Vielzahl vergleichbarer Rechtsstreitigkeiten könne es – so das  bayerische LSG – einem Arbeitgeber  nicht angelastet werden, wenn er die Voraussetzungen einer Selbstständigkeit irrtümlich annimmt.

LSG Bayern – 05.12.2006 – L 5 KR 63/06

Zumindest ist zu verlangen, dass der Auftraggeber eine eigenständige Prüfung durchführt und für sich selbst nachvollziehbar klärt und das Ergebnis auch zu Beweiszwecken dokumentiert, wie er ein Auftragsverhältnis bewertet. Geschieht dies nicht, kann der Vorwurf nicht entkräftet werden und es bleibt bei der Festsetzung von Säumniszuschlägen.