Krankengeld

 

Krankengeld ist eine Lohnersatzleistung. Es wird anstelle des durch Krankheit entgangenen Arbeitsentgelts oder einer anderweitigen Lohnersatzleistung (z.B. Arbeitslosengeld), die aufgrund von Krankheit wegfällt, gezahlt.

 

I.
Da das Krankengeld an den Wegfall des Arbeitsentgelts geknüpft ist, können nur solche Versicherte Krankengeld beziehen, die aufgrund einer Beschäftigung oder wegen des Bezugs einer anderweitigen Lohnersatzleistung versichert sind. Ausnahme: Freiwillig versicherte hauptberuflich Selbstständige, die im Regelfall (§ 44 Abs. 2 Nr. 2 SGB V) keinen Anspruch auf Krankengeld haben, können einen sich für einen Wahltarif mit Anspruch auf Krankengeld entscheiden (§ 53 Abs. VI SGB V). Familienversicherte Mitglieder, die keiner versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen bzw. keine anderweitigen Lohnersatzleistungen beziehen (Kinder, nicht erwerbstätige Ehepartner) haben dagegen keinen Anspruch auf Krankengeld (§ 44 Abs. 2 Nr. 1 SGB V).
 
II.
Der Anspruch setzt desweiteren voraus, dass zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles ein Versicherungsverhältnis bestehen muss, das den entsprechenden Anspruch gewährt (§ 19 Abs. 1 SGB V).
Eine Ausnahme gilt für Versicherte, die im Anschluss an eine Kündigung ihres Arbeitsvertrages Krankengeld erhalten. Denn grundsätzlich würde mit dem Ende der Beschäftigung auch die Beschäftigtenversicherung (Pflichtversicherung der Arbeitnehmer) enden. Solange ein Anspruch auf Krankengeld besteht, bleibt die Mitgliedschaft jedoch erhalten, (§ 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Der Anspruch auf Krankengeld wiederum besteht allerdings nur für die Dauer der nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeit. Endet die Arbeitsunfähigkeit, entfällt dann auch die Pflichtmitgliedschaft in der Beschäftigtenversicherung. Es tritt dann zwar die sogenannte Auffangversicherung ein. Dies ist eine Pflichtmitgliedschaft für diejenigen, die keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall haben (§ 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V). Diese Pflichtversicherung beinhaltet jedoch keinen Anspruch auf Krankengeld. Wenn also trotz fortbestehender Erkrankung eine Lücke in den Bescheinigungen eintritt, entfällt der Krankengeldanspruch für diese Versicherten insgesamt.
 
III.
Das Gesetz kennt vier Arten des Krankengeldes, nämlich wegen Arbeitsunfähigkeit, stationärer Behandlung, Organspende und Erkrankung eines Kindes. Der Hauptanwendungsfall ist das Krankengeld wegen Arbeitsunfähigkeit.
 
IV.
Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht (§ 44 Abs. 1 SGB V). Das Gesetz erläutert nicht näher, was es mit dem Begriff der "Arbeitsunfähigkeit" meint. Das Bundessozialgericht sagt in ständiger Rechtsprechung folgendes: Nach dem Wortsinn muss der Versicherte durch eine Erkrankung gehindert sein, seine Arbeit weiterhin zu verrichten. Hat der Versicherte im Beurteilungszeitpunkt einen Arbeitsplatz inne, kommt es darauf an, ob er die dort an ihn gestellten gesundheitlichen Anforderungen noch erfüllen kann. Verliert er den Arbeitsplatz, bleibt die frühere Tätigkeit als Bezugspunkt erhalten; allerdings sind nicht mehr die konkreten Verhältnisse am früheren Arbeitsplatz maßgebend, sondern es ist nunmehr abstrakt auf die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung abzustellen. Der Versicherte darf dann auf gleich oder ähnlich geartete Tätigkeiten "verwiesen" werden, wobei aber der Kreis möglicher Verweisungstätigkeiten entsprechend der Funktion des Krankengeldes eng zu ziehen ist.

Bundessozialgericht - 19.09.2002 - B 1 KR 11/02 R mit weiteren Nachweisen

Beruht die Arbeitsunfähigkeit auf anderen Ursachen als einer Krankheit, entsteht kein Anspruch auf Krankengeld. Das hat das Landessozialgericht Schleswig-Holstein für einen Mobbing-Fall entschieden: Nach ärztlicher Feststellung war bei der Versicherten eine depressive Episode in Rückbildung begriffen. Es lagen noch depressiv-ängstliche Restsymptome vor, die aber keine weitere Arbeitsunfähigkeit verursachten.

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht - 01.09.2014 - L 5 KR 148/14 B ER

V.
Eine häufige Fehlerquelle ist die Rechtzeitigkeit der Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit: Die Beibringung der AU-Bescheinigung ist eine Obliegenheit des Versicherten. Da der Anspruch auf Krankengeld erst von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt, müssen Krankengeldbezieher daher bei länger andauernder Erkrankung Acht geben, dass sie ihrer Krankenkasse die erforderlichen AU-Bescheinigungen lückenlos vorlegen. Ohne ärztliche Bescheinigung besteht kein Anspruch auf Krankengeld. Die Beibringung der AU-Bescheinigung ist eine Obliegenheit des Versicherten. Die Bescheinigung ist Anspruchsvoraussetzung. Für den Tag der ärztlichen Feststellung selbst besteht noch kein Anspruch (es sei denn, der Arzt hatte für den vorhergehenden Zeitraum bereits eine Bescheinigung erteilt und die Untersuchung erfolgt am letzten Tag des Krankengeldzeitraums).

Das Krankengeld wird für Kalendertage gezahlt. Ist es für einen ganzen Kalendermonat zu zahlen, ist dieser mit dreißig Tagen anzusetzen. Werden die Bescheinigungen nicht lückenlos vorgelegt, kommt es zu Unterbrechungen der Krankengeldzahlung. Denn der Anspruch ruht, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt allerdings nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Beispiel: Die Arbeitsunfähigkeit wird erstmals bescheinigt und der letzte Tag ist ein Freitag. Der Versicherte sucht seinen Arzt dann jedoch erst wieder am Montag auf. In diesem Fall ensteht ein neuer Anspruch auf Krankengeld erst wieder ab dem folgenden Dienstag. Wenn der Arzt jedoch eine Arbeitsunfähigkeit „bis auf Weiteres“ bzw. „ auf nicht absehbare Zeit“ bescheinigt, braucht der Versicherte nicht regelmäßig neue Bescheinigungen vorzulegen.

Diese Rechtslage kann besonders schwerwiegende Folgen für Versicherte haben, die noch im Anschluss an eine Kündigung ihres Arbeitsvertrages Krankengeld erhalten. Denn grundsätzlich würde mit dem Ende der Beschäftigung auch die Beschäftigtenversicherung (Pflichtversicherung der Arbeitnehmer) enden. Solange ein Anspruch auf Krankengeld besteht, bleibt die Mitgliedschaft jedoch erhalten, (§ 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Der Anspruch auf Krankengeld wiederum besteht allerdings nur für die Dauer der nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeit. Endet die Arbeitsunfähigkeit, entfällt dann auch die Pflcihtmitgliedschaft in der Beschäftigtenversicherung.  Es tritt dann zwar die sogenannte Auffangversicherung ein. Dies ist eine Pflichtmitgliedschaft für diejenigen, die keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall haben (§ 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V). Diese Pflichtversicherung beinhaltet jedoch keinen Anspruch auf Krankengeld. Wenn also trotz fortbestehender Erkrankung eine Lücke in den Bescheinigungen eintritt, entfällt der Krankengeldanspruch für diese Versicherten insgesamt. Versicherte müssen deshalb unbedingt darauf achten, dass eine neue AU-Bescheinigung spätestens am letzten Tag der voraufgehenden Krankschreibung ausgestellt wird.

vgl. Urteil des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein vom 10.04.2014 – L 5 KR 61/13

Einzelne Landessozialgericht haben entschieden, dass die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit auch dann noch rechtzeitig ist, wenn der Versicherte wegen Überfüllung der Arztpraxis den Arzt nicht rechtzeitig konsultieren kann oder am letzten Tag der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit seinen Arzt aufsucht, mit diesem spricht und eine Fortsetzung des Termins mit Feststellung der Arbeitsunfähigkeit direkt am Folgetag stattfindet, liegt Damit ist auch die Obliegenheit, zur Aufrechterhaltung des Anspruchs auf Krankengeld die Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf jedes Krankengeldbewilligungsabschnitts erneut ärztlich feststellen zu lassen, erfüllt (z.B. LSG Nds.-Bremen – 10.09.2013 – L 4 KR 20/11). Das Bundessozialgericht folgt dieser Auffassung allerdings nicht. Die Entscheidung des LSG Niedersachsen wurde aufgehoben und die Klage abgewiesen

BSG – 16.12.2014 – B 1 KR 19/14 R

VI.
Dauer des Krankengeldes: Versicherte erhalten Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens achtundsiebzig Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, wird die Leistungsdauer nicht verlängert. Kommt es jedoch zu einer erneuten Arbeitsunfähigkeit und beruht diese auf einer anderen Krankheitsursache, besteht ein neuer Anspruch auf Krankengeld.

 

VII.
Die ärztliche Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit muss rechtzeitig eingeholt werden.Probleme können auftreten, wenn der Versicherte erst am letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit die Praxis aufsucht, diese jedoch überfüllt ist und der Arzt keine Bescheinigung mehr ausstellen kann. Der Anspruch auf Krankengeld entsteht gem. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Um den Anspruch auf Krankengeld lückenlos zu sichern, muss der Versicherte also rechtzeitig den Arzt aufsuchen. Wenn ein Kontakt zum Arzt nicht mehr zustande kommt, ist der Versicherte nach Auffassung des Bundessozialgerichts nicht geschützt ist und verliert für die nichtbescheinigten Tage den Anspruch auf Krankengeld. Notfalls muss er einen anderen Arzt aufsuchen, um eine lückenlose Bescheinigung seiner Arbeitsunfähigkeit sicherzustellen. Einzelne Landessozialgerichte hatten zwar entschieden, dass die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit auch dann noch rechtzeitig ist, wenn der Versicherte wegen Überfüllung der Arztpraxis den Arzt nicht rechtzeitig konsultieren kann oder am letzten Tag der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit seinen Arzt aufsucht, dieser jedoch keine Untersuchung mehr vornehmen kann und eine Fortsetzung des Termins mit Feststellung der Arbeitsunfähigkeit direkt am Folgetag stattfindet. Damit sei auch die Obliegenheit zur Aufrechterhaltung des Anspruchs auf Krankengeld, die Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf jedes Krankengeldbewilligungsabschnitts erneut ärztlich feststellen zu lassen, erfüllt. Es handle sich um einen Ausnahmefall, in dem die unterbliebene ärztliche AU-Feststellung rückwirkend auf einen Zeitpunkt nachgeholt werden könne, an dem noch eine Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld bestanden habe. Das Verhalten des Arztes sei der Krankenkasse zuzurechnen, weil diese mit den Ärzten zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zusammenwirke (so u.a. LSG Nds.-Bremen - 10.09.2013 - L 4 KR 20/11). Das Bundessozialgericht folgt dieser Auffassung allerdings nicht. Die genannte Entscheidung des LSG Niedersachsen wurde aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Bundessozialgericht - 16.12.2014 - B 1 KR 19/14 R


VIII.

Die Krankenkasse darf den Krankengeldempfänger unter Fristsetzung auffordern, einen Reha-Antrag oder einen Antrag auf Teilhabe am Arbeitsleben zu stellen.

Die Frist zur Antragstellung beträgt zehn Wochen. Stellen Versicherte innerhalb der Frist den Antrag nicht, entfällt der Anspruch auf Krankengeld mit Ablauf der Frist. Wird der Antrag später gestellt, lebt der Anspruch auf Krankengeld mit dem Tag der Antragstellung wieder auf (§ 51 Abs. 1 und 3 SGB V). Auch hier steckt der Teufel im Detail: Die Krankenkassen sind berechtigt und unter Umständen sogar verpflichtet, den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) einzuschalten, um überprüfen zu lassen, ob die Voraussetzung für eine Versicherungsleistung noch vorliegt. Das gilt auch für die Überprüfung des Krankengeldanspruchs. Wenn die Krankenkasse den Krankengeldbezieher zu einem Reha-Antrag auffordern will, muss sie zunächst feststellen lassen, dass die Erwerbsfähigkeit des Versicherten erheblich gefährdet oder gemindert ist. Für diese Feststellung verlangt das Gesetz ein ärztliches Gutachten. In der Praxis ist zu beobachten, dass die Begutachtung häufig unzureichend ist. Es gibt Fälle, in denen der MDK lediglich nach Aktenlage, manchmal sogar durch bloßes Ankreuzen eines Formblatts, eine Aussage über den Gesundheitszustand des Versicherten trifft, ohne diesen überhaupt gesehen, geschweige denn untersucht zu haben. In diesen Fällen kann man nicht von einem "Gutachten" sprechen. Das Bundessozialgericht hat die Anforderungen an ein Gutachten im Sinne des Gesetzes schon vor vielen Jahren geklärt. Eine gutachtliche Stellungnahme im Sinne des Gesetzes verlangt danach zumindest, dass der begutachtende Arzt sich mit den ihm bekannten Befunden und Diagnosen der behandelnden Ärzte auseinandersetzt, einen Bezug zum Leistungsvermögen des Versicherten herstellt und eine eigenständige Beurteilung abgibt. Die Richtigkeit der ärztlichen Äußerung muss überprüfbar sein. Eine Stellungnahme per Formular ist kein ärztliches Gutachten (Bundessozialgericht U. v. 07.08.1991 - 1/3 RK 26/90). Sollte die Krankenkasse zur Stellung eines Reha-Antrages auffordern und die Einstellung des Krankengeldes androhen, kann dagegen Widerspruch erhoben werden. Dies empfiehlt sich, wenn Zweifel an der Richtigkeit der behaupteten medizinischen Feststellungen bestehen. Ob tatsächlich ein "echtes" Gutachten oder stattdessen nur eine kurze Notiz bzw. ein kurzer Vermerk vorliegt, lässt sich im Wege der Einsichtnahme in die Versicherungsakte klären.

IX

Die Gutachten des MDK können einschneidende Folgen für die Zahlung des Krankengeldes haben. Nicht selten wird aufgrund einer Begutachtung durch den MDK die Zahlung des Krankengeldes eingestellt. Gelegentlich berichten Mandanten und auch Ärzte, dass der MDK mit der Mitteilung des Begutachtungsergebnisses an den Arzt diesen zugleich auffordert, künftig keine Arbeitsunfähigkeit mehr festzustellen. Ist es dem Hausarzt dennoch gestattet, weiterhin AU-Bescheinigungen ausstellen oder darf der MDK dies untersagen?

Pflicht zur Einschaltung des MDK

Die Einschaltung des MDK durch die Krankenkasse ist rechtmäßig. Die Krankenkassen sind nicht nur berechtigt, sondern, wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, gesetzlich sogar verpflichtet, gutachtliche Stellungnahmen des MDK einzuholen, um Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit zu beseitigen (§ 275 Abs. 1 SGB V).

Das Verhältnis des MDK zum behandelnden Arzt

Der MDK muss dem behandelnden Arzt sein Begutachtungsergebnis mitteilen. Es ist ihm aber gesetzlich untersagt, in die ärztliche Behandlung einzugreifen (§ 275 Abs. 5 SGB V). Für die Krankenkasse ist allerdings das Gutachten des MDK verbindlich. Dies ist in § 6 der "Richtlinie des  Gemeinsamen Bundesausschusses über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit“ geregelt. Der Bundesausschuss ist eine gemeinsame Einrichtung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen. Die Krankenkasse muss sich an das Ergebnis der MDK-Begutachtung halten. Eine AU-Bescheinigung des Arztes alleine kann das Gutachten des MDK nicht aushebeln, selbst wenn der Arzt die Arbeitsfähigkeit seines Patienten schlechter einschätzt als der MDK. Der Arzt kann aber z. B. ein Zweitgutachten beantragen (§ 6 Abs. 2 der Richtlinien). Auf jeden Fall darf er weiterhin AU-Bescheinigungen ausstellen, wenn er zu der begründeten Auffassung kommt, dass Arbeitsunfähigkeit besteht. Der MDK oder die Krankenkasse dürfen ihm dies nicht untersagen.

Kein Krankengeld ohne AU-Bescheinigungen

Die Verweigerung weiterer AU-Bescheinigungen wäre für den Versicherten zudem verhängnisvoll, denn er würde, selbst wenn er die fortbestehende Arbeitsunfähigkeit später durch ein Gutachten o.ä. nachweisen könnte, seinen Anspruch auf Krankengeld dennoch verlieren, wenn er nicht lückenlos AU-Bescheinigungen vorgelegt hat. Ein Rechtsmittel gegen die Einstellung des Krankengeldes liefe dann ins Leere. Dies hat folgenden Hintergrund: Der Anspruch auf Krankengeld entsteht von dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an und bleibt jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt (§ 48 Abs. 1 SGB V). Die AU-Bescheinigungen müssen also lückenlos ausgestellt werden, um den Anspruch aufrechtzuerhalten. Will die Krankenkasse dennoch die Krankengeldzahlung einstellen, erteilt sie einen Bescheid. Der Versicherte muss dagegen Widerspruch einlegen, und zusätzlich lückenlose AU-Bescheinigungen bei seiner Krankenkasse einreichen. Er ist also darauf angewiesen, dass der Arzt weiterhin Bescheinigungen erteilt, selbst wenn das Ergebnis der MDK-Begutachtung dagegensteht. Der Widerspruch liefe ins Leere, wenn sich im Widerspruch- oder ggf. einem sich anschließenden Sozialgerichtsverfahren herausstellt, dass der MDK sich geirrt hat und tatsächlich weiterhin Arbeitsunfähigkeit und damit ein Anspruch auf Krankengeld besteht. Ohne fortlaufende AU-Bescheinigungen kein Krankengeld. Versicherte, deren Arzt die Ausstellung der AU-Bescheinigung unter Hinweis auf die Stellungnahme des MDK verweigert, müssen Ihren Arzt über diese Rechtslage aufklären.

X.

Wer während der Arbeitslosigkeit Krankengeld bezieht, muss für lückenlose AU-Bescheinigungen sorgen.Der Anspruch auf Krankengeld entsteht von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (§ 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V). Um den Anspruch auf Krankengeld lückenlos zu sichern, müssen Versicherte daher spätestens am letzten Tag des laufenden Bezugszeitraums eine ärztliche Bescheinigung einholen, damit das Krankengeld nahtlos ab dem folgenden Tag weitergezahlt werden kann.

Diese Rechtslage kann besonders schwerwiegende Folgen für Versicherte haben, die während einer Arbeitslosigkeit im Anschluss an eine Kündigung ihres Arbeitsvertrages noch weiterhin Krankengeld erhalten. Denn grundsätzlich würde mit dem Ende der Beschäftigung auch die Beschäftigtenversicherung (Pflichtversicherung der Arbeitnehmer) enden. Solange ein Anspruch auf Krankengeld besteht, bleibt die Mitgliedschaft jedoch erhalten, (§ 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Der Anspruch auf Krankengeld wiederum besteht allerdings nur für die Dauer der nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeit. Das bedeutet: Sobald die Arbeitsunfähigkeit endet, entfällt auch die Pflichtmitgliedschaft in der Beschäftigtenversicherung. Der Versicherungsschutz bleibt zwar erhalten und setzt sich als freiwillige Versicherung kraft Gesetzes fort oder es tritt die sog. Auffangpflichtversicherung ein. Dies ist eine Pflichtmitgliedschaft für diejenigen, die keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall haben (§ 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V). Diese Pflichtversicherung beinhaltet jedoch keinen Anspruch auf Krankengeld. Wenn also trotz fortbestehender Erkrankung eine Lücke in den Bescheinigungen eintritt, entfällt der Krankengeldanspruch für diese Versicherten insgesamt. Versicherte müssen deshalb unbedingt darauf achten, dass eine neue AU-Bescheinigung spätestens am letzten Tag der voraufgehenden Krankschreibung ausgestellt wird.

Landessozialgericht Schleswig-Holstein - 10.04.2014 - L 5 KR 61/13