Krankengeld
Krankengeld ist eine Lohnersatzleistung. Es wird anstelle des durch Krankheit entgangenen Arbeitsentgelts oder einer anderweitigen Lohnersatzleistung (z.B. Arbeitslosengeld), die aufgrund von Krankheit wegfällt, gezahlt.
Bundessozialgericht - 19.09.2002 - B 1 KR 11/02 R mit weiteren Nachweisen
Beruht die Arbeitsunfähigkeit auf anderen Ursachen als einer Krankheit, entsteht kein Anspruch auf Krankengeld. Das hat das Landessozialgericht Schleswig-Holstein für einen Mobbing-Fall entschieden: Nach ärztlicher Feststellung war bei der Versicherten eine depressive Episode in Rückbildung begriffen. Es lagen noch depressiv-ängstliche Restsymptome vor, die aber keine weitere Arbeitsunfähigkeit verursachten.
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht - 01.09.2014 - L 5 KR 148/14 B ER
Das Krankengeld wird für Kalendertage gezahlt. Ist es für einen ganzen Kalendermonat zu zahlen, ist dieser mit dreißig Tagen anzusetzen. Werden die Bescheinigungen nicht lückenlos vorgelegt, kommt es zu Unterbrechungen der Krankengeldzahlung. Denn der Anspruch ruht, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt allerdings nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Beispiel: Die Arbeitsunfähigkeit wird erstmals bescheinigt und der letzte Tag ist ein Freitag. Der Versicherte sucht seinen Arzt dann jedoch erst wieder am Montag auf. In diesem Fall ensteht ein neuer Anspruch auf Krankengeld erst wieder ab dem folgenden Dienstag. Wenn der Arzt jedoch eine Arbeitsunfähigkeit „bis auf Weiteres“ bzw. „ auf nicht absehbare Zeit“ bescheinigt, braucht der Versicherte nicht regelmäßig neue Bescheinigungen vorzulegen.
Diese Rechtslage kann besonders schwerwiegende Folgen für Versicherte haben, die noch im Anschluss an eine Kündigung ihres Arbeitsvertrages Krankengeld erhalten. Denn grundsätzlich würde mit dem Ende der Beschäftigung auch die Beschäftigtenversicherung (Pflichtversicherung der Arbeitnehmer) enden. Solange ein Anspruch auf Krankengeld besteht, bleibt die Mitgliedschaft jedoch erhalten, (§ 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Der Anspruch auf Krankengeld wiederum besteht allerdings nur für die Dauer der nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeit. Endet die Arbeitsunfähigkeit, entfällt dann auch die Pflcihtmitgliedschaft in der Beschäftigtenversicherung. Es tritt dann zwar die sogenannte Auffangversicherung ein. Dies ist eine Pflichtmitgliedschaft für diejenigen, die keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall haben (§ 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V). Diese Pflichtversicherung beinhaltet jedoch keinen Anspruch auf Krankengeld. Wenn also trotz fortbestehender Erkrankung eine Lücke in den Bescheinigungen eintritt, entfällt der Krankengeldanspruch für diese Versicherten insgesamt. Versicherte müssen deshalb unbedingt darauf achten, dass eine neue AU-Bescheinigung spätestens am letzten Tag der voraufgehenden Krankschreibung ausgestellt wird.
vgl. Urteil des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein vom 10.04.2014 – L 5 KR 61/13
Einzelne Landessozialgericht haben entschieden, dass die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit auch dann noch rechtzeitig ist, wenn der Versicherte wegen Überfüllung der Arztpraxis den Arzt nicht rechtzeitig konsultieren kann oder am letzten Tag der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit seinen Arzt aufsucht, mit diesem spricht und eine Fortsetzung des Termins mit Feststellung der Arbeitsunfähigkeit direkt am Folgetag stattfindet, liegt Damit ist auch die Obliegenheit, zur Aufrechterhaltung des Anspruchs auf Krankengeld die Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf jedes Krankengeldbewilligungsabschnitts erneut ärztlich feststellen zu lassen, erfüllt (z.B. LSG Nds.-Bremen – 10.09.2013 – L 4 KR 20/11). Das Bundessozialgericht folgt dieser Auffassung allerdings nicht. Die Entscheidung des LSG Niedersachsen wurde aufgehoben und die Klage abgewiesen
BSG – 16.12.2014 – B 1 KR 19/14 R
Bundessozialgericht - 16.12.2014 - B 1 KR 19/14 R
Die Krankenkasse darf den Krankengeldempfänger unter Fristsetzung auffordern, einen Reha-Antrag oder einen Antrag auf Teilhabe am Arbeitsleben zu stellen.
Die Frist zur Antragstellung beträgt zehn Wochen. Stellen Versicherte innerhalb der Frist den Antrag nicht, entfällt der Anspruch auf Krankengeld mit Ablauf der Frist. Wird der Antrag später gestellt, lebt der Anspruch auf Krankengeld mit dem Tag der Antragstellung wieder auf (§ 51 Abs. 1 und 3 SGB V). Auch hier steckt der Teufel im Detail: Die Krankenkassen sind berechtigt und unter Umständen sogar verpflichtet, den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) einzuschalten, um überprüfen zu lassen, ob die Voraussetzung für eine Versicherungsleistung noch vorliegt. Das gilt auch für die Überprüfung des Krankengeldanspruchs. Wenn die Krankenkasse den Krankengeldbezieher zu einem Reha-Antrag auffordern will, muss sie zunächst feststellen lassen, dass die Erwerbsfähigkeit des Versicherten erheblich gefährdet oder gemindert ist. Für diese Feststellung verlangt das Gesetz ein ärztliches Gutachten. In der Praxis ist zu beobachten, dass die Begutachtung häufig unzureichend ist. Es gibt Fälle, in denen der MDK lediglich nach Aktenlage, manchmal sogar durch bloßes Ankreuzen eines Formblatts, eine Aussage über den Gesundheitszustand des Versicherten trifft, ohne diesen überhaupt gesehen, geschweige denn untersucht zu haben. In diesen Fällen kann man nicht von einem "Gutachten" sprechen. Das Bundessozialgericht hat die Anforderungen an ein Gutachten im Sinne des Gesetzes schon vor vielen Jahren geklärt. Eine gutachtliche Stellungnahme im Sinne des Gesetzes verlangt danach zumindest, dass der begutachtende Arzt sich mit den ihm bekannten Befunden und Diagnosen der behandelnden Ärzte auseinandersetzt, einen Bezug zum Leistungsvermögen des Versicherten herstellt und eine eigenständige Beurteilung abgibt. Die Richtigkeit der ärztlichen Äußerung muss überprüfbar sein. Eine Stellungnahme per Formular ist kein ärztliches Gutachten (Bundessozialgericht U. v. 07.08.1991 - 1/3 RK 26/90). Sollte die Krankenkasse zur Stellung eines Reha-Antrages auffordern und die Einstellung des Krankengeldes androhen, kann dagegen Widerspruch erhoben werden. Dies empfiehlt sich, wenn Zweifel an der Richtigkeit der behaupteten medizinischen Feststellungen bestehen. Ob tatsächlich ein "echtes" Gutachten oder stattdessen nur eine kurze Notiz bzw. ein kurzer Vermerk vorliegt, lässt sich im Wege der Einsichtnahme in die Versicherungsakte klären.
IX
Pflicht zur Einschaltung des MDK
Die Einschaltung des MDK durch die Krankenkasse ist rechtmäßig. Die Krankenkassen sind nicht nur berechtigt, sondern, wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, gesetzlich sogar verpflichtet, gutachtliche Stellungnahmen des MDK einzuholen, um Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit zu beseitigen (§ 275 Abs. 1 SGB V).
Das Verhältnis des MDK zum behandelnden Arzt
Der MDK muss dem behandelnden Arzt sein Begutachtungsergebnis mitteilen. Es ist ihm aber gesetzlich untersagt, in die ärztliche Behandlung einzugreifen (§ 275 Abs. 5 SGB V). Für die Krankenkasse ist allerdings das Gutachten des MDK verbindlich. Dies ist in § 6 der "Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit“ geregelt. Der Bundesausschuss ist eine gemeinsame Einrichtung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen. Die Krankenkasse muss sich an das Ergebnis der MDK-Begutachtung halten. Eine AU-Bescheinigung des Arztes alleine kann das Gutachten des MDK nicht aushebeln, selbst wenn der Arzt die Arbeitsfähigkeit seines Patienten schlechter einschätzt als der MDK. Der Arzt kann aber z. B. ein Zweitgutachten beantragen (§ 6 Abs. 2 der Richtlinien). Auf jeden Fall darf er weiterhin AU-Bescheinigungen ausstellen, wenn er zu der begründeten Auffassung kommt, dass Arbeitsunfähigkeit besteht. Der MDK oder die Krankenkasse dürfen ihm dies nicht untersagen.
Kein Krankengeld ohne AU-Bescheinigungen
Die Verweigerung weiterer AU-Bescheinigungen wäre für den Versicherten zudem verhängnisvoll, denn er würde, selbst wenn er die fortbestehende Arbeitsunfähigkeit später durch ein Gutachten o.ä. nachweisen könnte, seinen Anspruch auf Krankengeld dennoch verlieren, wenn er nicht lückenlos AU-Bescheinigungen vorgelegt hat. Ein Rechtsmittel gegen die Einstellung des Krankengeldes liefe dann ins Leere. Dies hat folgenden Hintergrund: Der Anspruch auf Krankengeld entsteht von dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an und bleibt jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt (§ 48 Abs. 1 SGB V). Die AU-Bescheinigungen müssen also lückenlos ausgestellt werden, um den Anspruch aufrechtzuerhalten. Will die Krankenkasse dennoch die Krankengeldzahlung einstellen, erteilt sie einen Bescheid. Der Versicherte muss dagegen Widerspruch einlegen, und zusätzlich lückenlose AU-Bescheinigungen bei seiner Krankenkasse einreichen. Er ist also darauf angewiesen, dass der Arzt weiterhin Bescheinigungen erteilt, selbst wenn das Ergebnis der MDK-Begutachtung dagegensteht. Der Widerspruch liefe ins Leere, wenn sich im Widerspruch- oder ggf. einem sich anschließenden Sozialgerichtsverfahren herausstellt, dass der MDK sich geirrt hat und tatsächlich weiterhin Arbeitsunfähigkeit und damit ein Anspruch auf Krankengeld besteht. Ohne fortlaufende AU-Bescheinigungen kein Krankengeld. Versicherte, deren Arzt die Ausstellung der AU-Bescheinigung unter Hinweis auf die Stellungnahme des MDK verweigert, müssen Ihren Arzt über diese Rechtslage aufklären.
X.
Diese Rechtslage kann besonders schwerwiegende Folgen für Versicherte haben, die während einer Arbeitslosigkeit im Anschluss an eine Kündigung ihres Arbeitsvertrages noch weiterhin Krankengeld erhalten. Denn grundsätzlich würde mit dem Ende der Beschäftigung auch die Beschäftigtenversicherung (Pflichtversicherung der Arbeitnehmer) enden. Solange ein Anspruch auf Krankengeld besteht, bleibt die Mitgliedschaft jedoch erhalten, (§ 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Der Anspruch auf Krankengeld wiederum besteht allerdings nur für die Dauer der nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeit. Das bedeutet: Sobald die Arbeitsunfähigkeit endet, entfällt auch die Pflichtmitgliedschaft in der Beschäftigtenversicherung. Der Versicherungsschutz bleibt zwar erhalten und setzt sich als freiwillige Versicherung kraft Gesetzes fort oder es tritt die sog. Auffangpflichtversicherung ein. Dies ist eine Pflichtmitgliedschaft für diejenigen, die keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall haben (§ 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V). Diese Pflichtversicherung beinhaltet jedoch keinen Anspruch auf Krankengeld. Wenn also trotz fortbestehender Erkrankung eine Lücke in den Bescheinigungen eintritt, entfällt der Krankengeldanspruch für diese Versicherten insgesamt. Versicherte müssen deshalb unbedingt darauf achten, dass eine neue AU-Bescheinigung spätestens am letzten Tag der voraufgehenden Krankschreibung ausgestellt wird.
Landessozialgericht Schleswig-Holstein - 10.04.2014 - L 5 KR 61/13