§ 266a StGB - Amtsgericht Zerbst - Freispruch

Angeklagt waren der Geschäftsführer einer GmbH sowie ein vermeintlich scheinselbstständiger Auftragnehmer, letzterer wegen Beihilfe. Der Auftragnehmer hatte ein eigenes Gewerbe angemeldet und war langjährig für die GmbH als Subunternehmer tätig. Daneben hatte er aber auch Aufträge Dritter. Zum weitaus größten Teil war er jedoch für die GmbH im Einsatz. Im Rahmen einer Lohnsteuerprüfung äußerte das Finanzamt Zweifel an der Selbstständigkeit und meldete den Verdacht an den Zoll. Dieser nahm eine Hausdurchsuchung der Geschäftsräume der GmbH vor und übergab die beschlagnahmten Unterlagen dem Prüfdienst der Deutschen Rentenversicherung. Dieser stellte gutachtlich fest, dass ab einem bestimmten Stichtag Scheinselbstständigkeit vorgelegen habe. Denn ab diesem Stichtag sei der Auftragnehmer aufgrund des hohen Auftragsvolumens der GmbH von dieser wirtschaftlich abhängig gewesen. Die Staatsanwaltschaft beantragte zunächst gegen den Geschäftsführer einen Strafbefehl über eine Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung und gegen den Auftragnehmer eine Geldstrafe wegen Beihilfe, die zunächst antragsgemäß erlassen wurden. Im Einspruchsverfahren kam es zu einer viertägigen Hauptverhandlung mit anschließenden Freisprüchen.

In den Entscheidungsgründen führt das Gericht aus, dass der Subunternehmer schon objektiv nicht persönlich abhängig gewesen sei. Er habe seine Arbeits- und Urlaubszeiten frei bestimmen können und sei zu keinem Zeitpunkt in die Arbeitsorganisation der GmbH eingebunden gewesen. Er habe Aufträge frei ablehnen dürfen. Von Seiten der GmbH sei mehrfach versucht worden, ihn als Angestellten zu gewinnen. Dies habe er abgelehnt. Seine Vergütung als freier Auftragnehmer sei höher gewesen, als diejenige, die er im Anstellungsverhältnis hätte erzielen können.

Daneben sei aber auch ein Vorsatz nicht festzustellen: Der Geschäftsführer habe zwar gewusst, dass der Auftragnehmer über lange Strecken für die GmbH tätig gewesen sei. Ihm sei jedoch auch bekannt gewesen, dass dieser lieber selbstständig habe arbeiten wollen. Als nicht nachvollziehbar bezeichnete das Gericht die Behauptung der Anklage, dass der Geschäftsfüher exakt zu dem Stichtag, zu dem die Selbstständigkeit in eine Beschäftigung umgeschlagen sein sollte, einen Vorsatz gehabt habe. Hierzu hätte er während des laufenden Geschäftsjahres erkennen müssen, dass sich die ursprünglich selbstständige Tätigkeit des Auftragnehmers „quasi über Nacht“ in ein abhängiges Angestelltenverhältnis umgewandelt habe. Für eine solches Erkennen fehle es schon ansatzweise an Anhaltspunkten.

Mangels Haupttat fehle es auch an einer Beihilfe. Deshalb seien beide Angeklagte freizusprechen.

AG Zerbst – Urteil vom 11.11.2015 – 14 Cs (671 Js 19863/11)