Statusfeststellung im Rahmen einer Betriebsprüfung: Hat der Widerspruch gegen den Beitragsbescheid aufschiebende Wirkung?

Den Sozialversicherungsträgern stehen drei Verfahren zur Verfügung, in denen eine Entscheidung über den sozialversicherungsrechtlichen Status getroffen werden kann:

  • Anfrageverfahren bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund (§ 7a SGB IV)
  • Verfahren der Einzugsstellen (§ 28h SGB IV)
  • Betriebsprüfung der Rentenversicherungsträger (§ 28p SGB IV)

In den beiden letztgenannten Verfahren werden mit der Feststellung eines abhängigen und damit versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses auch Beiträge festgesetzt.

Gegen alle Entscheidungen kann Widerspruch und Klage vor den Sozialgerichten erhoben werden. In der Sozialgerichtsbarkeit ist jedoch umstritten, ob und wann die Rechtsmittel aufschiebende Wirkung haben. Auslöser dieser Kontroverse sind einerseits eine Regelung im Sozialgerichtsgesetz, wonach bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen die aufschiebende Wirkung entfällt (§ 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG) sowie eine Bestimmung im Kontext des Anfrageverfahrens bei der Clearingstelle, wonach Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen (Mehrzahl!), dass eine Beschäftigung vorliegt, aufschiebende Wirkung haben (§ 7a Abs. 7 SGB IV). Ob diese Regelung auch auf Bescheide in den Verfahren der Einzugsstellen und den Betriebsprüfungsverfahren der Rentenversicherungsträger) anzuwenden ist, soweit darin auch Statusentscheidungen getroffen werden, wird von den Landessozialgerichten unterschiedlich beantwortet:

Gegen die aufschiebende Wirkung: Bayerisches LSG und LSG Nordrhein-Westfalen

Das Bayerische LSG und das LSG Nordrhein-Westfalen halten Prüfbescheide für sofort vollziehbar, weil sie über eine bloße Statusentscheidung hinausgehen. Im Anfrageverfahren werde nur über den Status entschieden. Beitragsrechtliche Folgen habe die Statusklärung unmittelbar noch nicht. Die Träger der Rentenversicherung und die Einzugsstellen würden dagegen Verwaltungsakte nicht nur zur Versicherungspflicht sondern auch zur Beitragshöhe erlassen. Im Vordergrund stehe die Sicherung der Funktionsfähigkeit der Leistungsträger der Sozialversicherung. Es sei zu gewährleisten, dass der Zahlungsanspruch der Sozialversicherungsträger realisiert und nicht begünstigt durch den weiteren Zeitablauf nach Widerspruch und Klage – gegebenenfalls auch mit Hilfe von Vermögensumschichtungen – vereitelt werden könne. § 7a SGB IV vermittele dagegen keinerlei beitragsrechtliche Zuständigkeiten. Die Begründung von Zahlungspflichten führe deshalb nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG zur sofortigen Vollziehbarkeit der Verwaltungsentscheidung.

Für die aufschiebende Wirkung: LSG Rheinland-Pfalz

Das LSG Rheinland-Pfalz hat in einem aktuellen Beschluss vom 06.01.2014 (L 2 R 409/13 B ER) die Gegenposition eingenommen und festgestellt, dass § 7a Abs. 7 SGB IV auch auf die in den Verfahren nach §§ 28h und 28p SGB IV ergangenen Bescheide, soweit sie auch Statusfeststellungen treffen, anwendbar sei. § 7a Abs. 7 SGB IV spreche von der Mehrzahl (Entscheidungen). Dies sei ein Hinweis darauf, dass dies für alle Arten von Statusentscheidungen gelten solle. Sämtliche Verfahren seien nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts jedoch gleichwertig (BSG U. v. 04.07.2009 – B 12 R 6/08 R und U. v. 11.03.2009 – B 12 R 11/07 R). § 7a Abs. 7 differenziere nicht zwischen den einzelnen Prüfverfahren, sondern schränke die Vorschrift des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG ein und lasse sie im Übrigen unberührt. Dies habe zur Folge, dass die aufschiebende Wirkung dann entfällt, wenn eine Entscheidung über Versicherungs- und Betragspflicht angefochten wird, die nicht auch über das Vorliegen einer Beschäftigung befindet.

Eine verbindliche Klärung durch das Bundessozialgericht ist im Eilverfahren nicht möglich. Solange der Gesetzgeber keine Klarstellung vornimmt, kommt es für das Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz darauf an, in welchem Bundesland Rechtsmittel eingelegt werden. Im Zuständigkeitsbereich der Landessozialgerichte, die von sofortiger Vollziehbarkeit der Beitragsforderung ausgehen, muss ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs bzw. der Klage gestellt werden. Dieser Antrag ist umfassend zu begründen. Insbesondere muss dargelegt werden, dass erhebliche Zweifel an der Rechtmässigkeit des angefochtenen Bescheides bestehen oder der sofortige Einzug der Beitragsforderung eine unbillige Härte für den Beitragspflichtigen zur Folge hat.