Selbstständigkeit eines Handwerksmeisters - SG Hildesheim - Urteil vom 10.01.2014 – S 2 KR 39/09

Auch ohne Inhaberschaft oder Beteiligung an einem Handwerksbetrieb kann ein Handwerksmeister im sozialversicherungsrechtlichen Sinne selbstständig tätig sein, wenn alle Fäden in seiner Hand liegen und er den Betrieb wie ein Alleininhaber führt.

Dies hat das Sozialgericht Hildesheim in einem Urteil vom 10.01.2014 entschieden. Der Kläger des Verfahrens ist Handwerksmeister in der vierten Generation. Vor mehreren Jahren hatte er den Betrieb aus familiären Gründen auf seine (fachfremde) Ehefrau übertragen, blieb aber selbst führend in dem Betrieb tätig. Zur Sozialversicherung wurde ein Beschäftigungsverhältnis gemeldet. Auf Anraten seines Steuerberaters beantragte er eine Statusklärung. In diesem Verfahren wurde eine abhängige Beschäftigung festgestellt. Dagegen erhob er Klage.

Im Klageverfahren wurde argumentiert, dass der Betrieb mit seiner Präsenz stehe und falle. Er führe und dominiere den Betrieb hinsichtlich Fach- und Branchenkenntnis, Mitarbeiterführung, Kundenkontakten, Kundenbindung etc. Er sei Kopf und Seele des Betriebs und bestimme allein die Unternehmenspolitik. Als einziger Meister gewährleistet er auch die handwerksrechtlich erforderliche Meisterpräsenz. Daneben seien u.a. noch ein Geselle, sowie eine Teilzeit-Bürokraft jeweils abhängig beschäftigt. Er selbst führe diesen Betrieb alleinverantwortlich, da er als einziger über die entsprechende Fachkunde verfügt. Er habe zudem Bürgschaften und Sicherheiten für Betriebskredite übernommen. Seine persönliche Haftung und die weiteren Merkmale seiner Tätigkeit sprächen für eine Selbständigkeit. Seine Ehefrau, die zwar Inhaberin des Betriebes sei, sei mit dem Handwerk nicht vertraut. Sie führe kaufmännische- und Buchhaltungsarbeiten durch, erteile aber keine Weisungen. Analog der Rechtsprechung zu den Familiengesellschaften sei deshalb von einer selbständigen Tätigkeit auszugehen. Der Kläger sei „Kopf und Seele“ des Betriebes, den er faktisch wie ein Alleininhaber führe, weil nur er alleine über die maßgeblichen Fach- und Branchenkenntnisse verfügt. Nach der REchtsprechung des BSG und des Niedersächsischen LSG scheide deshalb eine abhängige Beschäftigung aus.

Das Sozialgericht Hildesheim bestätigte diese Auffassung und hob die Bescheide über die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung auf. Zwar würden der zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau geschlossene Arbeitsvertrag und die Meldung zur Sozialversicherung für eine abhängige Beschäftigung sprechen, ebenso die Abführung von Lohnsteuer. Die Merkmale einer Selbstständigkeit würden jedoch überwiegen. Der Kläger habe den Betrieb wie ein Alleininhaber geführt. Der Übertragungsvertrag auf seine Ehefrau enthalte jedoch einen Rückübertragungsanspruch, die in letzter Konsequenz dazu führe, dass er durch Geltendmachung dieses Anspruchs ggf. auch verhindern könne, dass seine Ehefrau ihn kündigt und den Betrieb mit einem anderen Meister weiterführt.

SG Hildesheim – Urteil vom 10.01.2014 – S 2 KR 39/09

Die Entscheidung ist rechtskräftig.